Inhaltsverzeichnis
1 Geschichte der Kiewer Rus
2 Religion und Götter
2.1 Perun, Gott des Donners
2.2 Dzbog, Gott des Schicksals
2.3 Veles, der Gestaltwandler
2.4 Belobog und Czernobog
2.5 Lada, Göttin der Liebe und Schönheit
2.6 Marzanna, Göttin des Winters und des Todes
2.7 Mokosh, Göttin der Fruchtbarkeit
2.8 Svarog, der Feuergott
2.9 Zorya, Göttin von Sonnenauf- und -untergang
3 Gesellschaft
4 Kleidung
4.1 Männer
4.2 Frauen
5 Bewaffnung und Rüstung
5.1 Schwert
5.2 Speer
5.3 Axt
5.4 Hiebmesser
5.5 Bogen
5.6 Schild
5.7 Helm
5.8 Ringpanzer
5.9 Lamellenpanzer
1 Geschichte der Kiewer Rus
Die Kiewer Rus war das mittelalterliche Großreich der Ostslawen im Norden und Osten Europas zwischen dem späten 9. und mittleren 13. Jahrhundert.
Es setzte sich aus einer Vielzahl von politischen und ethnischen Gruppen zusammen. Das Herrschergeschlecht waren die Rurikiden, das vom Waräger-Prinzen Rurik begründet wurde.
Während ihrer größten Ausdehnung im 11. Jahrhundert reichte die Rus vom Weißen Meer im Norden bis zum Schwarzen Meer im Süden, dem Quellgebiet der Weichsel im Westen bis zur Halbinsel Taman im Osten und vereinte so die ostslawischen Stämme.
In der Nestorchronik wird Prinz Oleg (879-912) als erster Herrscher genannt, der die ostslawischen Länder als das vereinte, was heute unter Kiewer Rus bekannt ist.
Er erweiterte seinen Einfluss von Nowgorod südlich entlang des Flusses Dniepr, um den Handel gegen Einfälle der Chasaren aus dem Osten zu verteidigen. Sein Machtzentrum verlagerte er in das strategisch besser gelegene Kiew.
Swjatoslaw I. (943-972) gelang eine erste massive Erweiterung des Einflussbereichs der Kiewer Rus durch einen Eroberungskrieg gegen die Chasaren.
Wladimir I. (980-1015) führte das Christentum mit seiner eigenen Taufe ein und erweiterte es per Dekret auf alle Einwohner Kiews und darüber hinaus.
Unter Jaroslaw dem Weisen (1019-1054) erfuhr die Kiewer Rus ihre größte Ausdehnung. Seine Söhne formulierten kurz nach seinem Tod die ersten schriftlich festgehaltenen Gesetzestexte und setzten diese durch: Die Russkaja Prawda
Im späten 11. Jahrhundert schwand der Staat der Kiewer Rus zunehmend. Im 12. Jahrhundert zerfiel er dann schlussendlich in eine Vielzahl von untereinander konkurrierenden regionalen Herrschaftsgebieten.
2 Religion und Götter
Ab dem Jahre 980 begann Wladimir I. von Kiew damit, das orthodoxe Christentum in der Kiewer Rus einzuführen.
Im Jahre 988 wurde der ursprüngliche Glaube von Wladimir I. endgültig abgelehnt. Zuerst ließ sich Wladimir I. und seine zwölf Söhne taufen, viele Boyare schlossen sich seinem Aufruf an.
Die Ritualplätze des Hauptgottes Perun wurden zerstört, hölzernen Idole wurden in den Fluss Dniepr geworfen. Die erste steinerne christliche Kirche wurde in Kiew errichtet.
Der nun heidnische Glaube an die alten Götter hielt sich dennoch v.a. in der einfacheren Bevölkerung noch sehr lange, lokale Kulte bestanden bis in das 15. Jahrhundert hinein fort.
Selbst niedere Angehörige des christlich-orthodoxen Klerus nahmen an heidnischen Festen und Ritualen teil.
Im Folgenden wird auf zehn der wichtigsten ostslawischen Götter etwas genauer eingegangen. Es gibt darüber hinaus noch eine Vielzahl weiterer Götter, die Verehrung war oftmals regional stärker bzw. schwächer ausgeprägt.
2.1 Perun, Gott des Donners
In der slawischen Mythologie ist Perun der Gott des Himmels, des Donners und der Blitze. Er wird mit der Eiche in Verbindung gebracht und ist der Gott des Krieges. Er erinnert in manchen Eigenschaften sehr an eine Kombination der nordischen und germanischen Götter Thor und Odin. Perun ist sehr muskulös und repräsentiert die tatkräftigsten Teile der Natur. In den slawischen Legenden war eine heilige Eiche die Heimat aller Lebewesen. Die obersten Äste waren der Himmel, die niedrigen Äste und der Stamm die Reiche der Menschen und die Wurzeln stellten die Unterwelt dar. Perun lebte in den höchsten Ästen, von wo aus er alles überblicken konnte. Man verehrte Perun in Schreinen und Tempeln an erhöhten Stellen, z. B. Bergspitzen, und in Eichenhainen.
2.2 Dzbog, Gott des Schicksals
Dzbogs Elemente sind sowohl Feuer als auch Regen. Er verleiht dem Getreide auf den Feldern Leben und symbolisiert Reichtum und Überfluss. Sein Name kann als „der gebende Gott“ übersetzt werden. Dzbog ist der Herr des Herdfeuers und man opferte ihm, auf dass die Feuer die langen Wintermonate hindurch brennen mögen. Alle der verschiedenen slawischen Stämme beteten ihn an.
2.3 Veles, der Gestaltwandler
Wie Dzbog kann Veles, der gestaltwandelnde Gott, in der Mythologie fast aller slawischer Stämme gefunden werden. Er ist Erzfeind Peruns und verantwortlich für Stürme.
Veles tritt oft in Gestalt einer Schlange auf, die den heiligen Baum hoch schlängelt in Richtung Peruns Domäne. In manchen Legenden wird er beschuldigt, Peruns Eheweib oder Kinder in die Unterwelt zu entführen. Veles steht auch im Verdacht, ein Gott des Schwindelns und Betrügens zu sein, wie Loki im nordischen Pantheon. Er steht in Verbindung mit Magie, Schamanismus und Hexerei.
2.4 Belobog und Czernobog
Belobog, der Gott des Lichts, und Czernobog, der Gott der Dunkelheit, sind im Grunde zwei Aspekte derselben Gottheit. Belobogs Name bedeuted „weißer Gott“ und Experten sind sich uneinig darüber, ob er individuell oder zusammen mit Czernobog angebetet wurde.
Es ist nur wenig über sie bekannt, aber im Allgemeinen geht man davon aus, dass Czernobog („schwarzer Gott“) eine dunkle und vielleicht verfluchte Gottheit war, mit der man Tod, Unglück und Unheil in Verbindung brachte.
Einige Legenden besagen, er scheint als Dämon und verkörpert alles Böse. Aufgrund der Doppelseitigkeit slawischer Götter, wird Czernobog selten ohne Belobog erwähnt, der als Gott des Lichts und des Guten verstanden wird.
2.5 Lada, Göttin der Liebe und Schönheit
Lada ist eine Frühlings-Göttin der Schönheit und Liebe in der slawischen Mythologie. Sie ist Schutzherrin von Hochzeiten und wird oft von frisch Verheiraten um ihren Segen angebetet, zusammen mit ihrem Zwillingsbruder Lado. Wie viele andere slawische Gottheiten werden die beiden als zwei Teile einer einzelnen Gottheit betrachtet. So sagt man ihr innerhalb mancher slawischer Gruppen eine Rolle als Göttin der Mütter zu, andere bezeichnen sie lediglich als „große Göttin“. In gewisser Weise ähnelt sie der nordischen Freyja wegen ihrer Verbindung zu Liebe, Fruchtbarkeit und Tod.
2.6 Marzanna, Göttin des Winters und des Todes
Marzanna wird mit dem Tod und dem Ersterben der Welt durch den Winter assoziiert. Wenn der Boden kalt wird und die Feldfrüchte vergehen, stirbt Marzanna ebenso – nur um im Frühling als Lada wiedergeboren zu werden. Nach vielen Traditionen wird Marzanna als Bildnis, z. B. aus Stroh, dargestellt, das typischerweise verbrannt und im Wasser versenkt wird als Teil ihres Zyklus aus Leben, Tod und schlussendlich Wiedergeburt.
2.7 Mokosh, Göttin der Fruchtbarkeit
Als eine weitere Göttermutter ist Mokosh die Beschützerin der Frauen. Sie wacht über sie während der Geburt von Kindern und wird mit häuslichen Pflichten wie Spinnen, Weben und Kochen in Verbindung gesetzt.
Unter den Ostslawen wird ihr der Aspekt der Fruchtbarkeit zugesprochen; viele Anhänger des Mokosh-Kults waren im Besitz von großen Steinen in Form weiblicher Brüste, die als Altar genutzt wurden.
Manchmal wird sie mit einem Penis in jeder Hand dargestellt, da sie als Göttin der Fruchtbarkeit die männliche Potenz – oder deren Abwesenheit – überwacht.
2.8 Svarog, der Feuergott
Svarog ist der Vater von Dzbog und ein Sonnengott, der Parallelen zum griechischen Gott Hephaestus aufweist.
Die Aspekte Svargos sind Schmiedekunst und die Esse. Vielleicht noch wichtiger ist seine Macht und dass ihm die Erschaffung der Welt zugesprochen wird. In manchen Teilen der slawischen Welt wird Svarog mit Perun zusammengefasst um einen allmächtige Gottvater zu schaffen. Der Legende nach schläft Svarog und es sind seine Träume, die die Welt der Menschen erschaffen. Falls Svarog von seinem Schlummer erwacht, wird die Welt der Menschen untergehen.
2.9 Zorya, Göttin von Sonnenauf- und -untergang
Sie repräsentiert sowohl den Morgen als auch den Abendstern und tritt wie andere slawische Götter mit zwei oder drei unterschiedlichen Aspekten auf. Sie ist es, die jeden Morgen als Zorya Utrennjaja die Pforten des Himmels öffnet, sodass die Sonne aufgehen kann. Am Abend, als Zorya Vechernjaja, schließt sie sie wieder damit die Abenddämmerung einsetzt. Zu Mitternacht stirbt sie mit der Sonne und am Morgen wird sie wiedergeboren und erwacht auf’s Neue.
Quellen:
- https://www.thoughtco.com/slavic-gods-4768505
- Denisevich, Kasya. “Who Invented the Ancient Slavic Gods, and Why?” Russian Life, https://russianlife.com/stories/online/ancient-slavic-gods/.
- Gliński, Mikołaj. “What Is Known About Slavic Mythology.” Culture.pl, https://culture.pl/en/article/…wn-about-slavic-mythology.
- Kak, Subhash. “Slavs Searching for Their Gods.” Medium, Medium, 25 June 2018, https://medium.com/@subhashkak…r-their-gods-9529e8888a6e.
- Pankhurst, Jerry. “Religious Culture: Faith in Soviet and Post-Soviet Russia.” University of Nevada, Las Vegas, 2012, pp. 1–32., https://digitalscholarship.unl…6&context=russian_culture.
3 Gesellschaft
3.1 Knyaz (Herrscher)
Der Titel des Knyaz oder Knes ist seit dem 7. Jahrhundert belegt und meinte ursprünglich den Anführer eines slawischen Stammes. Mit Aufkommen des Feudalstaates wurde daraus das Staatsoberhaupt.
3.2 Bojar (Adeliger)
Ein Bojar war Mitglied des höchsten Rangs des Feudaladels in vielen europäischen Regionen, inklusive der Kiewer Rus. Sie unterstanden nur dem herrschenden Prinzen.
Vom 9. bis 13. Jahrhundert hatten sie beachtliche Macht durch ihre militärische Unterstützung für die Prinzen der Kiewer Rus.
Sie hatten die höchsten Ränge innerhalb der Staatsverwaltung inne und stellten einen Rat (Duma) für den obersten Herrscher. Im Gegenzug erhielten sie großflächige Ländereien und waren als Mitglied der Duma die Hauptgesetzgeber.
3.3 Druschina (Gefolgsleute)
Die Druschina bildete das Gefolge im Dienste eines Knyaz. Das Wort leitet sich vom Slawischen drug (друг) ab und bedeutet "Gefährte" oder "Freund".
Während der Anfänge der Rus half die Druschina dem Prinzen bei der Verwaltung seines Fürstentums und setze die militärische Macht in diesem Gebiet durch. Die ersten Mitglieder einer Druschina im Rus Khanat waren die Waräger, deren Prinzen die Macht im 9. Jahrhundert dort ergriffen. Bald schon schlossen sich Mitglieder der lokalen slawischen Aristokratie und Glücksritter an und bildeten wiederum selbst Druschina.
Die Druschina bestand aus zwei Gruppen: der älteren und jüngeren Gefolgschaft. Die Starshaja Druschina (ältere Gefolgschaft) bestand zum Großteil aus Adligen mit eigener Gefolgschaft und Landgut. Sie bekleideten höhere Ämter in der Verwaltung. Die jüngere Gefolgschaft verdingte sich als Leibgarde und Kämpfer für den Fürsten und wurden dafür von diesem versorgt.
Die Mitglieder waren finanziell von ihrem Fürsten abhängig, dienten ihm aber freiwillig und hatten das Recht in das Gefolge eines anderen Prinzen zu wechseln.
3.4 Smerd (Freie)
Ein Smerd war ein Freier/Kleinbauer. Anders als Sklaven und Unfreie besaßen sie eigenes Land und mussten Strafen für Vergehen bezahlen. Rechtlich gesehen besaßen Smerdy keine vollen Rechte. Das Töten eines Smerd wurde genauso geahndet wie bei einem Kholop. Der Besitz des Verstorbenen ging an den Knyaz. Die Russkaya Pravda verbot das Foltern eines Smerd während einer Anhörung, außer der Knyaz gab seine Einwilligung.
3.5 Kholop (Unfreie)
Das Wort Kholop taucht zum ersten Mal in einer Chronik für das Jahr 986 auf. Es bezeichnet einen Leibeigenen, dessen Stellung ähnlich eines Sklaven war.
Ein Individuum konnte auf mehrere Wege zu einem Kholop werden. Durch Gefangennahme, sich selbst verkaufen, zur Begleichung einer Schuld verkauft werden, begangene Straftaten oder die Heirat mit einem Kholop.
Bis in das späte 10. Jahrhundert bildeten Kholopy den Großteil der Diener, die auf den Ländereien ihres Herrn arbeiteten.
Der Herr eines Kholops hatte unbegrenzte Macht über sein Leben, er konnte ihn töten, verkaufen oder als Auslöse für Schulden verwenden. Der Herr wiederum war verantwortlich für die Taten des Kholops, z. B. Beleidigung oder Diebstahl.
4 Kleidung
4.1 Männer
4.1.1 Sorochka / Rubakha
Untertunika aus naturfarbenem oder gebleichtem Leinen oder dünner Wolle mit langen Ärmeln, die bis zum Knie reicht.
Der Halsausschnitt ist eng, ein kurzer mittiger oder seitlich versetzter Schlitz kann mittels Knopf oder Kordel verschlossen werden.
Seitliche Keile, die unter der Achsel beginnen.
4.1.2 Svita
Übergewand aus mittelschwerer Wolle mit einem mittigen Schlitz bis ca. zur Höhe des Bauchnabels, verschlossen mit Knöpfen.
Sie reicht bis zu den Knien oder kurz über die Knöchel.
4.1.3 Kaftan
Schweres, langes Übergewand aus dicker Wolle für kaltes Wetter. Der mittige Schlitz ist durchgängig und wird mit Knöpfen verschlossen.
Fütterung oder Verbrämung mit Pelz ist möglich.
4.1.4 Umhang
Ein rechteckiger oder halbkreisförmiger Umhang aus Wollstoff, der mit einer Fibel verschlossen wird.
4.1.5 Kopfbedeckung
Gefilzte Mützen oder solche aus Wolle, ggf. mit Fellrand. Jedoch keine Zipfelmützen!
4.1.6 Hose
Aus Leinen oder Wolle mit geradem Schnitt. Die Variante aus Leinen wird als Unterwäsche getragen.
Die sog. Pluder- oder Rushosen sind zu vermeiden, diese sind von Runensteinabbildungen aus dem skandinavischen Raum bekannt.
Die bekanntesten Vorlagen wären Moshchevaya Balka, Damendorf und Thorsberg.
Dazu passen Wadenwickel aus Diamant- oder Fischgratwollstoff.
4.1.7 Schuhe
Halbhohe Schuhe aus Leder oder kniehohe Stiefel sind denkbar.
das-grosse-heer.de/attachment/5380/
4.2 Frauen
Weitergehende Literatur:
https://www2.cs.arizona.edu/pa…ving/webdocs/mnm_mt27.pdf
(Anmerkung: Häufig für spätere Darstellungen als die im Großen Heer angestrebten)
4.2.1 Sorochka / Rubakha / Sorochitsa
Alle Frauen trugen ein weites Untergewand, für gewöhnlich aus gebleichtem Leinen. Die einfachen Stände trugen eine Rubakha aus gröberem Leinen, welche gleichzeitig Unter- und Übergewand darstellte.
Wohlhabendere Frauen ergänzten dieses mit einer etwas weiter geschnittenen Rubakha aus hochwertigerer Wolle.
4.2.2 Panova / Zapona / Zanaviska
Bei der Panova handelte es sich um eine Art Schürze, die zusätzlich zur Rubakha von unverheirateten Frauen getragen wurde (links).
Die Zapona (rechts) war ein langer Überwurf ohne Ärmel. Sie wurde von verheirateten Frauen über der Rubakha getragen und mit einem Gürtel gehalten.
Die Seiten waren nicht vernäht.
4.2.3 Navershnik
4.2.4 Dieses Übergewand war kürzer als die Rubakha - es reicht nur bis etwa zur Kniekehle - und hatte kurze, breite Ärmel.
4.2.5 Weder die Panova, Zanaviska oder die Navershik waren fester Bestandteil der Frauentracht. Die Rubakha stellte oft das einzige Kleidungsstück dar.
4.2.6 Svita
Selber Schnitt wie bei den Männern und diente als leichtes Übergewand aus Wolle, das für den Winter mit Pelz gefüttert sein konnte.
Sie reichte immer bis über die Knie, doch nicht weiter als die Mitte des Unterschenkels.
4.2.7 Kopfbedeckung
Verheiratete Frauen trugen ihr Haar hochgesteckt oder in Zöpfen und bedeckten es mit dem Povoinik, einem eng anliegenden Kopftuch.
Dieses fasste das Gesicht ein und wurde hinter dem Kopf verschlossen, sodass keine Haarsträhnen darunter zum Vorschein kommen konnten.
Als Material diente feines Leinen oder sehr dünnes Wolltuch.
Über dem Povoinik trugen alle Frauen ein weiteres Kopftuch aus Leinen oder Seide.
4.2.8 Umhang
Wie bei Männern.
4.2.9 Schuhe
Wie bei Männern.
Bewaffnung und Rüstung
4.3 Schwert
Wie bei den skandinavischen und mitteleuropäischen Nachbarn waren in der Kiewer Rus einhändige Schwerter mit Parier und Knauf verbreitet.
Säbel sollten nur in extremen Ausnahmen verwendet werden, wenn z. B. ein starker Einfluss oder die Abstammung von Reitervölkern weiter aus dem (Süd-)Osten hervorgehoben werden will.
Zu jedem Schwert gehört unbedingt eine Schwertscheide!
Schwerter aus Chernaya Mogila (Black Grave) [Chernigov, Ukraine]
Schwert aus Mikhailovskoye (Hügelgrab 1) [Yaroslavl, Russland]
Schwert aus Gnezdovo (Hügelgrab 4) [Smolensk, Russland)]
4.4 Speer
Sowohl Einhandgere als auch zweihändig geführte Speere sind denkbar. Die Form der Spitze sollte schlicht gestaltet sein und eher länglich als breit.
Kleine Flügel an den Seiten ähnlich den Saufedern kamen vor.
4.5 Axt
Einhändig und beidhändig geführte Äxte passen zur Darstellung. V.a. bei Einhandäxten sollte der Kopf möglichst schlank und nicht zu wuchtig sein.
Axt aus Shekshovo, 11. Jahrhundert
4.6 Hiebmesser
Die typischen Hiebmesser mit beschlagenen Scheiden sind v.a. aus dem baltischen Raum bekannt.
Klingen mit "gebrochenem" Rücken kommen nur im angelsächsischen Raum vor.
In der Kiewer Rus wurden verhältnismäßig wenige Exemplare gefunden, hauptsächlich in Šestovica, Gnězdovo, Michailovskoye und Timerevo entlang der Haupthandelsrouten.
Das Hiebmesser sollte nie als Hauptwaffe verwendet werden, vielmehr als Zweitwaffe.
Wie beim Schwert ist auch für das Hiebmesser eine passende Scheide ausdrücklich erforderlich. Diese wird nicht am Rücken, sondern vor oder seitlich am Körper getragen.
Hiebmesser aus Gnezdovo mit reich verzierter Scheide
4.7 Bogen
Durch den Einfluss der Reitervölker und den adaptierten Kampf zu Pferd ist der kurze Reiter- bzw. Kompositbogen dem Langbogen der Skandinavier gegenüber zu bevorzugen.
Zu jedem Bogen gehört ein Köcher und ggf. sogar ein Köcher für den Bogen selbst.
Als Vorlage kann man sich hier an Magyaran, Skythen, Chasaren, Petschenegen etc. orientieren.
Der Köcher wird seitlich vom Körper getragen, keinesfalls auf dem Rücken.
4.8 Schild
Der Schild dient als erste und oftmals einzige Defensive. Mandel- und Tropfenschilde sind erst ab dem 11. Jahrhundert in Gebrauch, für die im Großen Heer angestrebte Zeit eignet sich daher ein Rundschild am besten.
Historisch wurden diese aus Holzplanken gefertigt, die in Materialstärke zum Schildrand hin abnehmen. Gehalten wurde der Schild mit einem zentralen Griff, die Hand wird durch einen Schildbuckel aus Metall geschützt. Bespannung mit Rohhaut erhöhte die Stabilität und Langlebigkeit.
Die Schildbuckel konnten verschiedene Formen haben, hierbei kann man sich an skandinavischen Vorbildern orientieren.
Schildbuckel aus Gnezdovo
Der Durchmesser der Schilde betrug 70 - 90 cm, der je nach eigener Körpergröße angemessen gewählt werden sollte.
Die Darstellung von Metallrändern oder schweren Metallbeschlägen sollte vermieden werden.
Stattdessen kann der Rand mit Leder umfasst sein für eine ansprechende Optik und Erhöhung der Lebenserwartung.
4.9 Helm
Im Kontext der Kiewer Rus sind einige Helmfunde bekannt, die sich in der Formsprache deutlich von den für Skandinavier üblicherweise verwendeten unterscheiden.
Es lässt sich hier ein deutlicher Einfluss der östlichen Reitervölker ableiten.
In den Tüllen steckten vermutlich Federn, z. B. Gans. Pferdehaar ist eher unwahrscheinlich.
Gnezdovo Typ 1 (10. Jahrhundert)
Interpretation mit Nasal auch denkbar
Dieser Helmtyp kann als absolut typisch angesehen werden, da es viele Funde sehr ähnlicher Formen im osteuropäischen Raum gibt:
(1) Kozel
(2) Bojna
(3) Gnezdovo
(4-5) Stromovka
(6) Pohansko
Nemia (11. Jahrhundert, etwas zu spät für die angestrebten Darstellung)
Gulbishe, Chernigov (10. Jahrhundert)
Chernaia Mogila, Chernigov (10. Jahrundert)
Mokroe (10. Jahrhundert)
Gnezdovo Typ 2 (10. Jahrhundert)
4.10 Ringpanzer
Kurzärmelige Ringpanzer, die ungefähr bis zur Mitte der Oberschenkel reichen, passen wie im restlichen europäischen Kontext.
Langärmeligen Versionen oder solche, die bis kurz über oder sogar unter das Knie reichen tauchen deutlich später erst auf.
Der Innendurchmesser der Ringe kann von 6 bis 9 mm reichen. Je kleiner, desto mehr Aufwand und teurer, aber auch leichter.
Die Ringe waren vernietet oder alternierend gestanzt und vernietet.
Aus der Kiewer Rus gibt es Funde mit einer Klappe am Halsausschnitt.
Für Reiterdarstellungen kann der Ringpanzer auch geschlitzt sein.
Ringpanzer aus Grab 106 Kazazovo, Russland
4.11 Lamellenpanzer
Über Lamellenpanzer wird in der Forschung und dem Reenactment-Hobby viel diskutiert.
Im Reenactment Combat Fighting erfreut er sich großer Beliebtheit, da ein besserer Schutz vor wuchtigen Hieben erzielt wird als mit Polsterung und Ringpanzer alleine.
Unter diesem Aspekt muss man sich aber eingestehen, dass es ein Reenactorismus ist und im LARP daher nicht nachgemacht werden sollte.
Wo diese Art der Rüstung für skandinavische Darstellungen quasi ungeeignet ist (nur ein Fund aus Birka belegt die Existenz in Nordeuropa), sieht es im Kontext der Kiewer Rus etwas besser aus.
Auch hier macht sich der Einfluss von steppennomadischen Reitervölkern wieder bemerkbar. Ein Lamellenpanzer ist denkbar, sollte aber durch entsprechend passende übrige Ausstattung unterstützt werden.
Im Zweifel ist ein Ringpanzer vorzuziehen.
Entscheidet man sich dennoch für einen Lamellenpanzer, sollte auf die Machart und korrekte Form der Lamellen besonderes Augenmerk gelegt werden.
Arm- und Beinschienen
Diese Art der Rüstung ist gänzlich zu vermeiden, da es auch hier erst deutlich nach dem 10. Jahrhundert Funde gibt.
Durch das Verwenden eines Rundschildes können Unterarme und Beine ausreichend geschützt werden.
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