Fränkische Männerkleidung

  • Hier geht um die Männerkleidung der frühmittelalterlichen "Germanen" bzw. der Franken der Merowinger- und Karolingerzeit. Unterschiede zu Sachsen, Alemannen, Bajuwaren u.a. sind höchstens bei Fibeln, Gürteln und sonstigem Schmuck nachvollziehbar.
    In der folgenden Beschreibung wird versucht, die Männerkleidung der Franken und benachbarter Stämme fürs Larp nachzuvollziehen und die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zur Kleidung der Wikinger deutlich zu machen.

    Tunika:

    In der Frühzeit der Franken waren noch kurzärmelige Tuniken üblich und Krieger kämpften teilweise noch mit freiem Oberkörper. (vgl. germanische Tunika)

    Im Laufe der Merowingerzeit scheinen sich die langärmeligen Tunika recht schnell durchgesetzt zu haben.

    Irgendwann in der Karolingerzeit kamen auch Tuniken mit Geren in Mode (vgl. wikingerzeitliche Tunika). In der karolingischen Buchmalerei (z.B. Stuttgarter Pslater) sind verschiedene Tuniken mit und ohne Geren abgebildet.


    Klappenrock bzw. Klappenmantel:

    Der früheste Nachweis (390 n. Chr.) für Klappenröcke aus Fell findet sich auf einem Relief des Theodosius-Obelisken. Die abgebildeten Goten haben ihre knielangen Pelzjacken locker über die Schultern gelegt. Wahrscheinlich übernahmen die Germanen dieses Kleidungsstück während der Völkerwanderungs von den Reitervölkern übernommen.

    Einzelne Abbildungen aus dem 7. Jahrhundert wie die Reiterscheibe von Pliezhausen oder eine Reiterfibel aus Xanten zeigen einen Klappenrock, wie er auch von zeitgleichen angelsächsischen und skandinavischen Pressblechen und Goldgubber als Männertracht der Vendelzeit bekannt ist.

    In der Karolingerzeit werden in verschiedenen Schriftquellen (Einhard, Notker der Stammler, Bonifatius) Mäntel oder Westen aus Pelz (insbesondere Otter und Marder, aber Schaf) erwähnt. Reste solcher Mäntel wurden in zwei merowingerzeitlichen Gräber der Kirche St. Ulrich und Afra in Augsburg gefunden.

    Trotz der zahlreichen Hinweise für Klappenrocke aus Pelz, ist es natürlich auch möglich solche Kleidungsstücke aus anderen Materialen wie Wolle und Leinen herzustellen.


    Hose:

    Eine enge Hose scheint weit verbreitet gewesen zu sein. Sie war häufig aus Leinen hergestellt. Rot gefärbtes Leinen wird von frühmittelalterlichen Autoren ausdrücklich erwähnt.

    (Weite Hosen scheinen im Frankenreich weitgehend unüblich gewesen zu sein. In der Karolingerzeit waren nur die Vaskonen (Basken) für ihre weite Hosen bekannt. Eine Pumphose, wie sie in der Wikingerzeit im Ostseeraum durchaus üblich war, wäre für einen Franken sehr unpassend.)


    Gamaschen:

    Häufig wurden über der Hose noch Wadenwickel oder andere Gamaschen aus Wolle getragen. (Hakenverschlüsse an den Wadenwickeln scheinen eine angelsächsische und skandinavische Besonderheit gewesen zu sein und waren im Frankenreich nicht verbreitet. Um 700 kommen jedoch bei der Oberschicht Knieschnallen und bommelförmige Endbeschläge in Mode.)

    Daneben scheint es auch aber auch üblich gewesen zu sein, lange Hosen ohne Gamaschen zu tragen.


    Rechteckmantel

    Der Rechteckmäntel war allgemein verbreitet - sowohl Karl der Große als auch der arme Mann aus dem Moor von Bernuthsfeld trugen einen.


    Kopfbedeckung:

    In der Merowingerzeit spielte langes Haar bei Männern eine wichtige Rolle. In der Karolingerzeit ändert sich diese Haarmode hin zu kurzem Haar. In der karolingische Buchmalerei sind Männer häufig barhäuptig dargestellt. Vereinzelt finden sich auf Abbildungen die Vitta (ein Stirnband) und phrygischen Mützen, wobei es sich bei den Mützenträgern meistens um Könige oder die drei Weisen aus Morgenland handelte. Daraus könnte man schließen, dass Männer überlicherweise barhäupting waren.

    Dem entgegen stehen aber zahlreiche archäologische Funde von Kopfbedeckungen aus dem friesischen Raum. Hierbei handelt sich um geschneiderte Mützen in zylindrischer Form (Pillbox) oder um kapuzenförmige Mützen. Ob diese Mützen ähnlich der spätantiken "Pileus Pannocius" oder einer Pillbox aufrecht getragen oder wie ein Barett gefaltet wurden, ist leider völlig unklar.

    Fürs Larp können die Schnitte natürlich abgewandelt werden oder auch durch Nailbinding ersetzt werden. Das Blöder-Hut-Credo sollte im Larp möglichst angewendet werden, es sei denn, man hat eine noch blödere Frisur.


    Besatz:

    Abbildungen aus 6. Jahrhundert (Silberschale von Isola Rizza und Agiluf-Stirnplatte - beides Italien) legen nahe, dass Männertuniken, teilweise auch Hosen, Mäntel und Mützen mit Schmuckborten im byzantinischen Stil (Clavi) besetzt waren. So ähnlich sind diese Borten auch auf Abbildungen der karolingischen Buchmalerei zu finden. Tuniken mit derartiger Verzierung bleiben über die gesamte Karolingerzeit in Mode. Diese Besätze waren wahrscheinlich aus Brokatseide, aber fürs Larp können sicherlich auch Materialien oder Stickereien eingesetzt werden.

    Beim einzigen vollständige Textilfund (Tunika von Bernuthsfeld) fehlt hingegen jegliche Verzierung. Es handelt es sich um eine ungefähr knielange Tunika mit Schlüsselloch-Halsauschnitt, kurzem Stehkragen, langen Ärmeln und seitlichen Schlitzen in Höhe der Oberschenkel.


    Fundübersicht:

    Mann von Bernuthsfeld

    Fundort: Moor von Bernuthsfeld, Ostfriesland (damals schon im Frankenreich)

    Datierung: um 700 (späte Merowingerzeit)

    Kleidungsstücke:

    • Tunika aus Schafwolle, patchwork-artig aus bis zu 45 Stoffresten zusammengesetzt - ohne Rücksicht auf unterschiedliche Farben und Webmuster
    • Wadenwickel aus Schafwolle in einfacher Tuchbindung (die beiden unterschiedlich langen Wadenwickel sind aus jeweils zwei Wollstreifen zusammengenäht)
    • Rechteckmäntel aus Schafwolle in Spitzköper (zusammengenäht aus zwei Teilstücken ohne Brettchenborten aber mit Fransenabschluss)
    • kapuzenförmige Mütze aus Wolle (ähnlich wie die Tunika aus verschiedenen Stoffresten zusammengesetzt)
    • auffällig ist die fehlende Hose (Eine Hose aus Leinen hätte sich im Moor restlos aufgelöst.)

    Die Textilien aus Bernuthsfeld zeugen von ungewöhnlicher Armut. Man kann nur vermuten, dass sie einem Bettler oder Einsiedler gehörten, der sich aus der Not heraus oder absichtlich in Lumpen kleidete.


    Hose aus der Wurt Elisenhof, Schleswig-Holstein:

    Datierung: 8. Jahrhundert

    Material: Schafwolle

    Schnitt: Hose mit angenähten Füßlingen (ähnlich der Thorsberg-Hose - allerdings in Kindergröße)


    Mütze aus Aalsum, Niederlande:

    Karolingerzeit

    Material: Schafwolle

    Webart: Diamantköper

    Färbung: Krapp, hellrotes Tuch mit dunkelroter Ziernaht

    Schnitt: Pillboxvariante, die Nacken und Ohren bedeckt, aber das Gesicht freilässt



    Mütze aus Dokkum, Niederlande:

    Datierung: Merowingerzeit oder Karolingerzeit

    Material: Schafwolle

    Webart: Diamantköper

    Färbung: naturbraun

    Schnitt: aus drei Rechtecken zusammengesetzte Mütze, ähnlich einer Kapuze


    Mütze aus Oostrum, Niederlande:

    Datierung: Merowingerzeit oder Karolingerzeit

    Material: Schafwolle

    Webart: Diamantköper

    Färbung: Krapp, hellrotes Tuch mit dunkelroter Stickerei

    Schnitt: angeschrägt Pillboxvariante mit Nackenschutz

    Nähanlleitung: https://www.zeitensprung-handw…4/m%C3%BCtze-aus-oostrum/


    Mütze aus Leens, Niederlande:

    Datierung: Merowingerzeit oder Karolingerzeit

    Material: Schafwolle

    Webart: Diamantköper

    Färbung: naturbraun

    Schnitt: einfache Pillbox-Form


    Mütze aus Rasquert, Niederlande:

    Datierung: Merowingerzeit oder Karolingerzeit

    Material: Schafwolle

    Färbung: hellrot

    Webart: Diamantköper

    Schnitt: Pillbox mit merkwürdigem Stoffanhängsel (Sonnenschild? Nackenschutz?)


    St. Ulrich und Afra, Augsburg

    Klerikergräber aus dem 7. Jahrhundert (Grab 2 und 8 )

    • Fragmente eines knielangen Klappenrocks aus Otterfell mit Ärmelbesatz aus Leder
    • Fragmente eines Klappenrocks aus Wolle mit Fell-Imitat aus Wolle (ähnlich einem Flokati)
    • Fragmente von Hosen aus Leinen
    • Fragmente von Handschuhen aus Leder
    • Teile eines bestickten Gürtelriemens aus Leder mit Messerscheide
    • Stulpenstiefel aus Schafsleder mit Lederwicklung

Kommentare 2

  • Sehr schöner Artikel. Zwei Anmerkungen habe ich noch:

    • Das kann man beides sicherlich so oder so sehen.

      Ich hatte mich hier dazu entschieden bei umstrittenen oder fraglichen Details kein Urteil zu fällen.