Färben mit Pflanzen

  • Mit Pflanzen kann man auf allen möglichen Materialien Färben. Wolle, Seide, Leinen, Baumwolle, Leder, Synthetisches. Aufgrund der Historie belassen wir es hier bei Wolle, Seide und Leinen.

    Am Einfachsten funktioniert das Ganze auf tierischen Fasern (Wolle, Seide). Für pflanzliche Fasern (Leinen, Hanf) muss man etwas mehr Aufwand betreiben, aber es geht. Die Farbintensität ist unter Umständen allerdings lange nicht so kräftig und haltbar. Das Farbspektrum ist im Grunde riesig, weil jede Pflanzenfärbung anders wird und man selten den gleichen Ton erneut erzeugen kann. Wer also eine einfarbige Klamotte nähen möchte, der sollte den kompletten Stoff dafür in einem Zug färben.

    Von hell bis dunkel, knallig bis pastellig, schwarz oder bunt ist alles möglich. Welche Farben bzw. Farbstoffe für das Frühmittelalter belegt sind, müsste sich jeder selber anlesen, sonst wird das hier zu lang. Soviel sei aber gesagt: Krapp, Walnuss, Waid und Reseda gehen immer. Das Ergebnis einer Färbung hängt von mehreren Faktoren ab: Qualität des Wassers, Temperatur, Qualität und Menge der Färbedrogen, Vorbeize, Küpe, Material des Topfes usw.


    Was für Farbstoffe gibt es? Zum Einen gibt es Beizenfarbstoffe. Die sind wasserlöslich und das zu färbende Material wird vor dem eigentlichen Färbevorgang gebeizt, d.h. die Wolle wird so aufbereitet, dass das Material die Farbe auch vernünftig und haltbar aufnehmen kann. Zum Anderen gibt es Küpenfarbstoffe (Waid, Indigo z.B.), die nicht vorgebeizt werden, da sie nicht wasserlöslich sind. Die Küpe enthält Ammoniak, welches die Farbstoffe löst und nutzbar macht. Damals gabs die tolle Methode, wochenlang abgestandenen Urin zu verwenden, heute nimmt man gleich ne Flasche Ammoniak (und Anderes) ;-). In der Anleitung geht’s hier aber erstmal nur um Beizenfarbstoffe!


    Was also brauche ich?

    - Zu Beginn der Einfachheit halber ein Stück Wollstoff oder Wollgarn (zum Üben eignet sich Dochtwolle hervorragend, wobei die historisch gesehen für nix zu gebrauchen ist).

    - Färbedrogen (im Anschluss schreibe ich ein Rezept für Walnuss auf, da steht dann auch was zu den Gewichten drin; und nicht lachen, das heisst wirklich Färbedrogen).

    - Beize (zumeist Alaun).

    - Eine Waage zum Abwiegen des zu färbenden Materials, der Färbedrogen und der Beizstoffe.

    - Etwas zum Umrühren; ein Holzkochlöffel oder ein Stock ohne Rinde.

    - Einen Topf. Für kleine Mengen funktioniert ein Einkochtopf prima (gibt’s für den Herd oder die Steckdose), für große Stoffbahnen habe ich mehrere 120-Liter-Kessel, die sich aber dann nur noch mit Feuerholz beheizen lassen. Es gibt auch elektrische Wurstkessel, die sind aber entsprechend teuer. Merke: Wolle will schwimmen, sonst wird sie fleckig!

    - Ein Thermometer. Bei einigen Farbstoffen extrem wichtig für die Art der Farbe und für den Chemiehaushalt im Wasser. Bei Seide immer darauf achten, dass sie nie über 70°C kommt, sonst zersetzt sie sich. Es sollte bis 100°C anzeigen können.

    - Ggf. Gummihandschuhe; manche Suppen färben extrem und langanhaltend ab!

    - Ein paar Schüsseln; Emailleschalen gehen da gut oder eben Plastikschüsseln.

    - Ein altes Marmeladenglas zum Mischen der Beize.


    Wie geht das nun?


    Hier ein Beispiel für eine Färbung mit Krapp (gleichzeitig ein Rezept zum Nachmachen). Wenn ich Prozentangaben schreibe, dann beziehen die sich immer auf was Wollgewicht (trocken). Das heisst bei 500 g Wolle: 100% = 500 g oder 10% = 50 g usw. So sind auch die Meisten Rezepte in der Literatur benannt.


    Zu färbendes Material: 500 g Wolle

    Färbedroge: 100 % Krapp in Wurzel- oder Pulverform

    Beize: 15% Alaun


    Schritt 1 (Vorbereitung der Färbedroge):

    Die Krappwurzeln über Nacht in reichlich Wasser einlegen, damit sie aufquellen können.


    Schritt 2 (Vorbereitung der Wolle):

    Die Wolle mit lauwarmem Wasser nass machen und vorsichtig ausdrücken. Vorsicht: Wolle verträgt keinen krassen Temperaturunterschied, dann filzt sie. Also im Folgenden langsam erhitzen oder abkühlen!!! Rubbeln ist auch tödlich, drücken geht.


    Schritt 3 (Das Beizen):

    Das Alaun abwiegen und in einem Pöttchen in warmem Wasser klümpchenfrei auflösen. Den Färbekessel mit Wasser füllen und auf 40°C erhitzen, danach das Alaun einrühren und die feuchte Wolle reingeben und sorgfältig untertauchen. Nun das Ganze auf ca. 80°C langsam erhitzen und dann eine Stunde auf der Temperatur halten. Die Wolle immer mal wieder umrühren und untertauchen. Das ist bei ganzen Tuchen sehr wichtig, damit das gleichmäßig wird. Bei Wollsträngen fällt das nicht weiter auf. Nach dieser Stunde nehme ich die Temperatur ganz weg und lasse alles ein paar Stunden auskühlen. Dann die Wolle rausnehmen und irgendwo abtropfen lassen.


    Schritt 4 (Die Färbung 1. Zug):

    Nun den Topf frei machen und mit frischem Wasser füllen. Die eingeweichten Krappwurzeln samt Einweichwasser dazuschütten und alles auf 30 oder 40°C erhitzen. Dann die Wolle zugeben. Man kann die Wurzeln vorher in ein dünnes Säckchen tun, dann haben sie keinen direkten Wollkontakt. Dafür eignen sich Damenstrumpfhosen ganz gut. Ausserdem muss man die Krümel am Ende nicht heraus pulen, aber ich lasse immer alles so schwimmen und mir ist da noch nie was fleckig geworden. Nun alles langsam wieder erhitzen. Für ein kräftiges Rot auf 65-70°C, für ein Rotbraun auf 80-85°C. Da bleibt das Ganze für eine Stunde. Nun muss man bei Tuchen sorgfältig umrühren und die Luftblasen wegstochern, sonst gibt’s Flecken. Bei Wollsträngen reicht gelegentliches Umrühren. Ich lasse danach alles im Farbbad eine ganze Weile auskühlen und spüle kurz mit laumwarmem Wasser nochmal durch. Dann kommt das auf die Leine und trocknet.


    Schritt 5 (Nachbereitung):

    Nach dem Trocknen wasche ich alles nochmal entweder mit einem bisschen Wollwaschmittel oder Kernseife und zum Schluss mit einem Schuss Essig, was die Farbe fixiert. Wenn dann keine Farbe mehr herauskommt, wird es wieder getrocknet und ist fertig!


    Eigentlich ganz einfach. Man sollte sich allerdings 2 Tage Zeit dafür nehmen.

    Bei Schritt 4 steht „1. Zug“. Eine Farbflotte ist aber ergiebiger. Das heisst, wenn man noch mehr gebeizte Wolle hat, kann man die dann in die gleiche Farbbrühe werfen und genauso erhitzen und nachbehandeln wie ab Schritt 4 beschrieben. Mit jedem Zug wird das Material heller. Beachte: die Färbedrogengewichte nach dem Materialgewicht für den ersten Zug berechnen! Die Beizstoffmenge immer nach dem gesamten Material, was man beizen will.


    Das beschriebene Rezept eignet sich zum Färben zu Hause. Will man das vor Publikum machen, lässt man all den neumodischen Krempel weg und macht das intuitiv. Kann klappen, oder auch nicht, man muss da ein wenig üben. Es sei auch gesagt, dass das hier nur eine kleine Anleitung zum Einstieg in die Färberei ist. Wer diverse Rezepte liest, wird auf die unterschiedlichsten Mengenangaben und Anleitungen treffen. Keine davon ist falsch, da man auf vielerlei Weise zu einem Ergebnis gelangen kann. Also nicht wundern, es gibt nicht DIE Anleitung. Auf den historischen Kontext gehe ich jetzt mal nicht ein, das dauert zu lange. Auch schreibe ich jetzt nichts über Küpenfarbstoffe wie Waid oder Indigo. Diese Färbungen laufen nämlich komplett anders ab. Ich kümmere mich wann anders mal darum, wenn sich da jemand für interessiert.


    Zum Schluss möchte ich nur noch ein paar Bücher- und Linktipps geben, damit man an all die Sachen auch rankommt.


    Hier findet man Rezepte und Erklärungen rund ums Färben und Beizen:

    Dorothea Fischer – Naturfarben auf Wolle und Seide

    Gretel Feddersen-Fieler – Farben aus der Natur

    Iet van der Vrande - Wolle färben mit Naturfarben

    Die Kunst des Färbens - Lydia Nencki


    Wer sich für den chemischen Teil des Ganzen interessiert, dem sei das hier empfohlen:

    Handbuch der Naturfarbstoffe – H. Schweppe (Handbuch… ehr ein Brocken; geiles Buch!)


    Hier gibt’s Beizstoffe und Färbedrogen:

    http://shop.re-enactmentstore.de/

    http://www.wollknoll.de

    http://kremer-pigmente.de/de

    … und viele, viele mehr. Nicht zu empfehlen: Traub Wolle!


    Und wenn Fragen sind, fragt. Ich habe nämlich mit Sicherheit die Hälfte vergessen aufzuschreiben, aber keine Sorge, das wird dann nicht kriegsentscheidend gewesen sein ;-) Vielleicht schreiben ja noch andere Leute was dazu, die sich mit dem Thema schon beschäftigt haben. Würde mich freuen! Hallbera