König in Thule

  • Nach dem Gedicht von J. W. v. Goethe

    1)

    Es war ein König in Thule,

    Gar treu bis an das Grab,

    Dem sterbend seine Buhle

    einen goldnen Becher gab.


    2)

    Es ging ihm nichts darüber,

    Er leert' ihn jeden Schmaus;

    Die Augen gingen ihm über,

    So oft er trank daraus.



    3)

    Und als er kam zu sterben,

    Zählt' er seine Städt' im Reich,

    Gönnt' alles seinen Erben,

    Den Becher nicht zugleich.


    4)

    Er saß bei'm Königsmahle,

    Die Krieger um ihn her,

    Auf hohem Vätersaale,

    Dort auf der Borg am Meer.



    5)

    Dort stand der alte Zecher,

    Trank letzte Lebensglut,

    Und warf den heiligen Becher

    Hinunter in die Flut.


    6)

    Er sah ihn stürzen, trinken

    Und sinken tief ins Meer,

    Die Augen täten ihm sinken,

    Trank nie einen Tropfen mehr.