Stoffguide

  • Dieser Artikel befasst sich mit den Vor- und Nachteilen verschiedener Fasern und Stoffe, sowie ein paar Empfehlungen für die Verwendung.

    Inhalt:
    - Wolle
    - Leinen, Hanf und Nessel
    - Seide
    - Baumwolle
    - Synthetik
    - Andere tierische Fasern aus Haaren
    - Halbsynthetik

    - Webarten

    Ein paar Vokabeln vorab:

    Stoff bezeichnet in diesem Artikel aus Garn gewebte oder gestrickte zweidimensionale Gewebe, aus denen wir z.B. Kleidung nähen können.

    Garn besteht aus gedrehten oder gedrehten und verzwirnten Fasern.

    Fasern sind die kleinste Einheit der Materialien, die in diesem Artikel beschrieben werden. Bei Wolle sind es beispielsweise die einzelnen Haare des Schafs.


    Wolle

    Eine tierische Faser aus Schaffell.


    Wolle war damals das am meisten verfügbare Material, um Kleidung herzustellen. Daraus wurden unter anderem Schiffssegel hergestellt.

    Wolle kann man also grundlegend für jede Art von Kleidungsstück verwenden, es würde funktionieren und wäre nicht falsch. Die meisten Kleidungsstücke waren aus Wolle.


    Wolle ist grundlegend hydrophob. Das bedeutet, dass bei schlechtem Wetter die ersten Regentropfen erstmal nicht bis auf deine Haut durchkommen, sondern meistens erstmal abperlen. Und selbst wenn Wolle mal nass wird, kann sie ziemlich viel (es kursieren 30-70% im WWW) Feuchtigkeit aufnehmen, bevor sie sich feucht anfühlt. Dadurch klebt sie selbst im feuchten Zustand nicht am Körper, wie es andere Materialien tun würden.

    Die gleiche Fähigkeit, die Wolle diese Fähigkeit verleiht, sorgt auch dafür, dass Wolle zuverlässig schmutzabweisend ist, gerade dann, wenn noch Lanolin (Wollfett) in der Wolle enthalten ist.

    Lanolin säubert die Wolle natürlich und hält Gerüche zuverlässig ab, meistens reicht ein einfaches Trocknen, Lüften und Ausbürsten.


    Wolle ist temperaturregulierend. Durch die ganzen Lufteinschlüsse zwischen den Fasern (die Fasern sind rau), hält sie dich im Winter warm und im Sommer stabilisiert sie deine Körpertemperatur. Außerdem hat Wollkleidung einen natürlichen UV-Schutz.


    Das alles macht Wolle prädestiniert für Oberbekleidung jeglicher Art.

    Um ein paar Beispiele zu nennen: Hosen, Beinwickel, Mäntel, Schultertuch, Obergewand.


    Ein großer Nachteil von Wolle ist, dass sie beim Waschen in der Waschmaschine sehr leicht filzt. Das willst du in der Regel nicht. Deshalb, entweder gar nicht Waschen und stattdessen mit hochprozentigem Alkohol, wie Vodka einsprühen (vernichtet Bakterien und Gerüche), Handwäsche, in die Reinigung geben oder in manchen Waschmaschinen den Extra Super Duper Schonwaschgang nutzen.

    Dafür knittert Wolle in der Regel nur sehr schwer und gewebte Wolle fällt sehr schön.


    Wolle lässt sich sehr intensiv färben (auch damals schon). Für eine Übersicht, was möglich war, schau gerne mal in unseren Farbguide.


    Leinen, Hanf und Nessel

    Eine pflanzliche Faser aus Pflanzenstängeln.


    Leinen, Hanf und Nessel sind in ihren Eigenschaften ähnlich bis identisch, deshalb werde ich im folgenden Text nur auf Leinen eingehen. Denn Hanf- und Nesselstoffe sind leider nicht mehr einfach zu bekommen, weshalb es wahrscheinlich ist, dass du sowieso Leinen verwenden wirst.


    Alle drei Stoffe bestehen aus Fasern, die aus dem Stiel einer Pflanze (Flachs, Hanf und Fasernessel oder Brennessel) gewonnen wurden.

    Und was können Pflanzen besonders gut? Genau! Flüssigkeit aufnehmen und transportieren.

    Leinen nimmt alles auf, was dein Körper absondert: Schweiß, Talg und hauteigene Öle und Fette. Das ist deshalb ein Vorteil, weil Leinen, gerade als Untergewand, deine Wolle, die sich nicht gut heiß waschen lässt, vor genau diesen Dingen schützt. Natürlich hält Leinen daher auch nicht so gut den Schmutz von dir fern.

    Aber Leinen lässt sich im Gegensatz zu Wolle wunderbar waschen - Stichwort: "Kochwäsche".

    Dadurch, dass Leinen hydrophil ist, verbinden wir mit Leinen seine kühlende Eigenschaft, gerade im Sommer. Wie bereits erwähnt, sind Pflanzenfasern sehr gut darin, Wasser aufzunehmen und zu transportieren. Zu einem Stoff verarbeitet, wird das Wasser aber nirgendwo hin transportiert, weshalb es aufgenommen und gehalten wird, bis es wieder trocknet. Dadurch entsteht Verdunstung und dadurch eben Verdunstungskälte. Das sorgt dafür, dass das Leinen dich im Sommer so angenehm kühlt.


    Leinen knittert leider recht schnell. Wie gut, dass man bereits damals im Frühmittelalter wusste, wie man bügelt.


    Wie bereits erwähnt, eignet sich Leinen besonders gut, für jegliche Untergewandung und auch Unterwäsche, aber auch als Kopfbedeckung. (Wenn deine Haare unter einer Wollmütze schnell fetten, probier mal eine aus Leinen aus).


    Leinen lässt sich ohne starke Chemie nicht sehr intensiv/ gut färben. Für eine Übersicht, was möglich war, schau gerne mal in unseren Farbguide.


    Leinen nimmt verhältnismäßig schwer Gerüche an. Dadurch reicht es auf Con oft, wenn man das Kleidungsstück über Nacht auslüftet, um es ein weiteres Mal tragen zu können, ohne sich eklig zu fühlen. Mit zwei Unterkitteln/-kleidern aus Leinen kommt man problemlos über eine Großcon.



    Seide

    Eine tierische Faser aus den Kokons von bestimmten Falterarten.


    Bei Seide unterscheidet man generell zwischen Maulbeerseide bzw. Zuchtseide und Wildseide bzw. Tussahseide.

    Bei der Gewinnung von Maulbeerseide, lässt man sich die gezüchteten Raupen verpuppen. Anschließend werden die Raupen in den Kokons (oftmals durch Kochen) getötet und die Seide wird von der Raupe im Inneren abgewickelt.

    Da die Raupe den Kokon mit einem einzigen Faden gemacht hat, ist der Faden, der gewonnen wird, eben genauso (seeehr) lang.


    Bei Wildseide werden die Raupen nicht getötet, stattdessen wird zugelassen, dass die fertigen Motten schlüpfen und dann erst wird die Faser aus den Kokons gewonnen.

    Bei Wildseide gibt es weiterhin den Unterschied, ob die Tiere gezüchtet wurden oder ob die Kokons in der Natur gesammelt wurden, bei letzterem wird die Seide meist als Tussahseide bezeichnet.


    Seide hat einen sehr eigenen Glanz und ist unfassbar reißfest. Trotz der Feinheit dieser Faser ist sie sehr robust.
    Seide ist äußerst atmungsaktiv, kühlt dich bei Hitze und wärmt dich bei Kälte. Gerade in warmen Klimazonen ist sie sehr beliebt für Ihre Eigenschaften.

    Seide, besonders Maulbeerseide, hat eine natürliche Resistenz gegen Milben, außerdem ist sie selbst für Menschen mit empfindlicher Haut oft angenehm zu tragen.


    Seide lässt sich sehr intensiv färben (auch damals schon). Für eine Übersicht, was möglich war, schau gerne mal in unseren Farbguide.


    Seide wurde damals bereits aufwändig aus dem fernen Osten importiert und dementsprechend konnten sich nur sehr wohlhabende Menschen diesen Stoff leisten.

    Bei nicht wohlhabenden Charakteren rate ich klar von der Nutzung ab und selbst für wohlhabende Rollen empfiehlt sich eher ein Einsatz als Besatz usw. anstatt ein komplettes Kleidungsstück daraus zu machen.



    Baumwolle

    Eine pflanzliche Faser aus Samenhaaren.


    Und was können Pflanzen besonders gut? Genau! Flüssigkeit aufnehmen und transportieren. ABER, Baumwolle besteht nicht aus Pflanzenstängeln wie beispielsweise Leinen, sondern aus Samenhaaren, diese können das mit der Flüssigkeit also bei weitem nicht so gut wie aus Stängeln gewonnene Pflanzenfasern.


    Baumwollfasern sind äußerst kurz, was dazu führt, dass es oftmals sehr fein gesponnen wird und die Stoffe daraus ebenfalls eher sehr fein sind. Ausnahmen bestätigen die Regel.


    Auch Baumwolle hat einen kühlenden Effekt, ähnlich anderen pflanzlichen Stoffen (siehe Leinen,für eine Erklärung), kann aber insgesamt viel weniger Wasser aufnehmen, bis es sich nass anfühlt und klebt dadurch schnell am Körper, wenn man schwitzt.


    Baumwolle nimmt schneller Gerüche an als andere natürliche Fasern. Es hängt stark vom Träger ab, ob ein Auslüften über Nacht ausreicht, um es erneut tragen zu können.


    Man sieht man den Unterschied zwischen Baumwolle und Leinen, Hanf und Nessel sehr deutlich. Die Struktur und der Fall sind auffällig anders.


    Ich rate nicht von Baumwolle ab, aber ich kann sie nicht empfehlen.



    Synthetik

    Synthetik gibt es unter verschiedenen Namen. Um nur ein paar zu nennen: Polyester, Polyacryl, Polyamid, Polyurethan, Nylon, etc.


    Synthetische Fasern und die daraus gewebten Stoffe werden gemeinhin aus Kohle, Erdgas und Erdöl hergestellt, sie kommen, wie die Überschrift bereits vermuten lässt, nicht in der Natur vor, sondern werden künstlich von Menschen hergestellt.


    Die hergestellten Fasern sind in ihrem Ursprung einfache glatte Fäden, die manchmal nachträglich aufgeraut werden. Sie können im Gegensatz zu natürlichen Fasern, also keine Feuchtigkeit aufnehmen. Im gewebten oder gestrickten Zustand bleibt die Feuchtigkeit lediglich zwischen den Lücken im Gewebe hängen, bedingt durch die Oberflächenspannung von Wasser.
    Dadurch trocknen sie in der Regel wesentlich schneller als natürliche Fasern und haben nicht die positiven Eigenschaften von Verdunstungskälte und Co. (Es schwitzt sich einfach grausig in Kunstfaser).
    Synthetikfasern sind sehr pflegeleicht, lassen sich meist bei bis zu 60°C waschen und knittern oftmals nicht so schnell.


    Synthetik verspricht oft dieselben Eigenschaften wie natürliche Fasern, aber es hält seine Versprechen nur wesentlich schlechter. Synthetik ist oftmals viel schwerer als ihre natürlich vorkommenden Verwandten und fällt bei weitem nicht so schön.


    Synthetik kann man ausschließlich chemisch färben.


    Wir raten in allen Belangen von Synthetikfasern ab. Gerade auf Großcons kommt zum Tragen, dass man sie oft nicht mehr als einen Tag tragen kann und selbst nach einem Tag fangen einige Menschen darin bereits an zu stinken.

    Außerdem sieht man den Unterschied einfach in der Optik und im Fall der Stoffe.


    Meine Empfehlung: Finger weg!



    Andere tierische Fasern aus Haaren

    Alpaka, Kamel, Yak, Ziege und andere Tiere produzieren ebenfalls “Wolle”. Grundlegend sind diese Fasern sehr ähnlich denen der Schafe, aber alle haben etwas andere Eigenschaften.
    Diese Tiere kommen aus anderen Klimazonen, Kontinenten und Kulturen als unsere mitteleuropäischen Schafe, dementsprechend wurden sie auch auf andere Anforderungen gezüchtet.


    Wenn du also exotische Tierhaar-Stoffe verwenden möchtest, würde ich dich an dieser Stelle bitten, selber zu recherchieren, was die einzelnen Eigenschaften dieser Fasern sind.

    Gerade Alpaka sind Schafen ähnlich, aber es gibt zu viele Tiere, um hier auf alles eingehen zu können.



    Halbsynthetik

    Fasern aus Materialien, denen der Mensch nachhelfen muss, um Fasern zu bilden.

    Beispielsweise Viskose und Milchfaser.


    Auch hier bitte ich dich, dich selbst schlau zu machen. Es gibt zu vieles was man beachten muss und selbst die eine Viskose mit der anderen, kann man oft nicht vergleichen.


    Insgesamt sind sie ein Eigenschaften-Mischmasch aus Synthetik und natürlichen Fasern.
    Sie sind nicht so schlecht wie Synthetik, aber auch nie so gut wie natürliche Fasern.


    Ich rate von der Nutzung in unserem Larp-Kontext ab.



    Ein paar Worte zu Webarten


    Leinwandbindung

    Die einfachste Webart ist eine Leinwandbindung, bei welcher jeder Faden abwechselnd über und unter dem nächsten kreuzenden Faden durchgeführt wird.


    Das ist die Webart, mit der du bei jedwedem Stoff nichts verkehrt machen kannst. Außerdem ist sie wenig bis nicht elastisch.


    Köperbindung

    Die Köperbindung ist ein Sammelbegriff, unter dem viele verschiedene Arten von Webtechniken zusammengefasst werden.


    Die einfachste Köperbindung ist eine Diagonalbindung, sie zeichnet sich dadurch aus, dass man in der Struktur des Gewebes eine deutliche diagonale Musterung erkennen kann. (Wird oft bei Jeans verwendet).

    Diese Webart ist robust und recht elastisch.
    Perfekt für eine generische Darstellung.


    Andere Köperbindungen wie zum Beispiel Fischgrat, Diamant, Raute und Spitzgrat sind aufwändiger in der Herstellung. Die Namen ergeben sich durch das Muster der Webstruktur.
    Sie sind äußerst elastisch und weniger robust als die beiden zuvor genannten Webarten.

    Diese Webarten wurden entweder für Kleidungsstücke verwendet, die diese Elastizität brauchten (beispielsweise Wadenwickel) oder wurden wegen ihrer gemusterten Struktur eher von wohlhabenden Menschen verwendet.


    Jersey und Strick

    Beide sind Strickgewebe, keine Webarten. Stricken als solches kam erst im Hochmittelalter auf.

    Es ist eine der elastischsten, wenn nicht sogar die elastischste Gewebeart, die es gibt.


    Damals gab es das nicht.
    Ich rate von der Verwendung ab.