Hier geht es nicht darum, den Inhalt des Films/Buches vorzustellen (--> Wikipedia) oder die Handlung bezüglich Spannung oder Unterhaltsamkeit zu bewerten (--> Amazon), sondern darum, den Film bezüglich seiner Authentizität und Realitätsnähe zu beurteilen:
- Authentizität: entsprechen die dargestellten Verhältnisse der damaligen Zeit; gehen die Menschen so miteinander um, wie es damals anzunehmen war; entsprechen die Häuser und Siedlungen dem, was wir heute vom frühen Mittelalter und der jeweiligen Region denken; sind Kleidung, Ausrüstung und Waffen historisch korrekt dargestellt?
* Realitätsnähe: verläuft die Handlung realistisch in der jeweiligen Situation - auch in Bezug auf die dargestellte Zeit und Region; treffen die Charaktere Entscheidungen, die ein Mensch der damaligen Zeit so auch getroffen hätte; können vorkommende Ereignisse der früheren Realität entsprechen?
* Bei der Realitätsnähe müssen allerdings drei Dinge beachtet werden:
- Erstens werden in der Regel ja nur besondere Geschehnisse verfilmt bzw. als Buch beschrieben - dies ist nicht der übliche langweilige Alltag, denn über diesen wurde eben weniger berichtet und dafür interessieren sich auch weniger Zuschauer / Leser; d.h. bereits bei der Auswahl des Film- / Buch-Topos erfolgt eine Fokussierung auf einen ganz außergewöhnlichen Abschnitt der Realität.
- Zweitens erfordert die Medien Film und Buch wegen der begrenzten Dauer / Seitenzahl und wegen der begrenzten Aufmerksamkeitsspanne des Zuschauers / Lesers eine starke Verdichtung von außergewöhnlichen Ereignissen. Wenn diese Ereignisse in der Realität über zehn Jahre verteilt sind, ist es eben schwierig, die ganzen zehn Jahre irgendwie im Medium darzustellen; deshalb werden oft die Höhepunkte unrealistisch nahe zusammengerückt, aber das ist medienbedingt der Fall und hat bei mir keine Abstriche bei der Beurteilung der Realitätsnähe zur Folge.
- Drittens ist speziell beim Film die Bildsprache wichtig; um eine gewisse Botschaft oder einen Eindruck zu vermitteln macht es deshalb teilweise Sinn, leicht unrealistische (oder unauthentische) Kunstgriffe zu verwenden. Ich habe schon von Regisseuren gelesen, die einen möglichst realistischen und authentischen Film drehen wollten und von sehr fachkundigen Geschichts-Experten beraten wurden, die aber dennoch absichtlich solche unrealistischen / unauthentischen Aufnahmen verwendeten und den Experten dafür auch einen nachvollziehbaren guten Grund liefern konnten. Allerdings mache ich bei solchen Kunstgriffen einen Abzug bei der Realitätsnähe.
Die in der Überschrift angegebenenen Filmtitel gehören alle zum selben Film. Im Original heißt dieser isländische Film von 1984 Hrafninn Flýgur, bei Wikipedia dementsprechend Der Flug des Raben, in der Ex-DDR scheinbar Odins Raben und bei Amazon trägt er den Trash-Namen Die Rache des Wikingers - Das versunkene Imperium (das hat mir bei der Suche einige Verwirrung gegeben).
Der Film spielt ganz wenig in Irland und ganz viel auf Island und stellt einen relativ typischen Rachefeldzug eines Mannes gegen die Mörder seiner Eltern dar. Also nicht sonderlich innovativ. Ich sah ihn deshalb an, weil auf er auf dieser Webseite als "Most Historically Accurate Viking Movie of All Time" bezeichnet wurde (und diese Webseite stammt vom April 2023). Ich war also sehr gespannt auf so unglaublich viel Authentizität, aber ich wurde leider enttäuscht.
Zur Authentizität kann tatsächlich gar nicht sooo viel sagen, weil ich mich bei Wiki-Ausstattung (Kleidung und Waffen) auch nicht so gut auskenne. Mir kam er aber eher mäßig authentisch vor. Tatsächlich sieht man relativ wenig Eisen, keine Metallrüstungen und wenige Schwerter, aber dafür sind diese ultra-breit, dazu ultra-breite Saxe, die auch noch ständig geworfen werden, weiterhin noch mehr kleine Wurfdolche, die am Arm befestigt sind, einen permanent gespannten Bogen, einen Lederhelm und einen Leder-Harnisch. Die Lebensverhältnisse der auf Island lebenden Nordleute könnte aus meiner Sicht tatsächlich authentisch dargestellt sein (aber auch da habe ich wenig Ahnung - jemand anderes kann gerne diesen Artikel korrigieren) und ebenso die Darstellung der religiösen Praktiken.
Mein Hauptkritikpunkt ist allerdings die mangelnde Realitätsnähe. Wenn ein einzelner Mann der Reihe nach 15 kampferprobte Wikinger umlegt, dann muss schon ganz schön viel Zufall mit im Spiel sein und die Wikinger müssen ziemlich unfähig sein. Beides erscheint mir nicht realistisch. Im Laufe der Handlung agiert der Einzelkämpfer fast immer optimal - so als ob er seine Umgebung (und auch die Wohnungen seiner Feinde) perfekt kennen würde, und seine Verfolger sollten in der Realität einfach mehr von ihm mitkriegen, z.B. wenn er aus der Gefangenschaft flieht.
Ansonsten ist der Film von der Handlung her okay, ich würde ihn als mäßig spannend bezeichnen. Wie bei einem Film aus 1984 nicht anders zu erwarten, ist das Erzähltempo ziemlich zäh und die szenische Darstellung wirkt auf uns heute oft etwas seltsam/künstlich. Zudem ist die Bildqualität zumindest bei Amazon Prime saumäßig (da hat Die Feuerzangenbowle von 1944 eine bessere Bildqualität).
Insgesamt kann ich den Film nicht unbedingt empfehlen.
Authentische Ausstattung: ![]()
![]()
(?)
Realistische Handlung: ![]()
![]()