Götterverehrung der Nordleute (kurz zusammengefasst)

  • Eine einheitliche Religion mit festen moralischen Regeln gibt es nicht. Es gibt Unmengen von Göttergeschichten, die sich von Region zu Region unterscheiden. Trotz der Unterschiede weisen sie viele Gemeinsamkeiten auf, so begegnet man denselben Sagenfiguren unter ähnlichem oder gar selben Namen. Viele dieser Sagengestalten mischen sich in die Geschicke der Menschen und man tut gut daran sich mit denen, die den Menschen wohl gesonnenen sind, gut zu stellen. Zentrale Rollen spielen dabei die beiden Götterfamilien der Asen und Wanen. Die größten Feinde der Menschen sind die Riesen, auch Thursen genannt.

    In der Gedankenwelt des „Nordmannes/ der Nordfrau“ zieht die Grundvorstellung von Religion durchaus weitere Kreise, als man es sich vorstellten kann. In unserem modernen (monotheistisch geprägten) Verständnis von Religion ist diese stark normativ, Privatsache und reglementiert. Beispiele hierfür sind die alten Sitten des sonntäglichen Kirchenbesuchs usw.

    Im Frühmittelalter funktioniert Religion jedoch grundlegend anders, man übt sie ähnlich wie einen Handel aus. Das Prinzip dahinter ist „Do ut Des“ (lat. „Ich gebe, damit du gibst“). Gemeint ist hierbei ein Rechtsverständnis, bei dem der Mensch, mit dem Gott eine Art Handel eingeht. Er opfert etwas (Geld, Menschen, Blut, Tiere …) und erwartet dafür etwas als Gegenleistung. Somit ist es in der Geisteswelt eines Nordmannes/einer Nordfrau, nur „notwendig“ zu Opfern (und zu Blóten), wenn man sich etwas davon erhofft...Und dafür muss man auch etwas geben. Bsp. Björn und Thordis wollen unbedingt Nachwuchs, und um das zu unterstützen opfert Björn vor der versammelten Sippe und den Gästen auf dem Thing, eine Ziege und eine Henne den Göttern (in dem Falle Freyja oder Frigg) und bittet um die Kraft, seiner Frau dazu zu verhelfen ein Kind zu erwarten.

    Sollte Thordis jetzt aber in der Folge nicht schwanger werden, hat Björn zwei Möglichkeiten zu reagieren:

    • Das Opfer war nicht groß genug, für den Handel

    • Björn ist empört darüber wie launisch die Götter sind und erbittet die Hilfe bei einer anderen Gottheit

    Religion wird aber auch genutzt um sein soziales Ansehen zu steigern, schließlich erkennt man an der „Größe“ und dem Wert eines Opfers auch den Reichtum und die Macht des Opfernden. Gesehen werden ist hier also das Ziel.


    Die Gunst der Götter erlangt man also, indem man ihnen opfert. Mögliche Opfergaben sind je nach Gunst und Gottheit Schmuck, Münzen, Feldfrüchte, Gebrauchsgegenstände, Tieropfer und in sehr seltenen Fällen auch Menschenopfer. Oft werden auch nachträgliche Dankesfeiern veranstaltet.

    Praxistipp für die Ausübung der Religiosität des Charakters:

    • Viele Skandinavier haben immer einen sogenannten „god vränner“ bei sich, also eine Darstellung ihres „Hausgottes“ (in Form einer Holz-, oder Edelmetallfigur). Diese wird für jede Form von Opfergabe genutzt, wenn man auf Reisen ist. (Oder für etwas opfert, was man nicht unbedingt an die große Glocke hängen möchte)

    • Welcher Gott das genau ist, ist oftmals sehr regionsabhängig. Nach Adam von Bremen hatten es die Svearen sehr mit Frey, die Dänen eher mit Tyr und Thor und die Norweger waren sehr auf Odins Segen versessen.


    An besonderen Tagen des Gezeitenzyklus werden auch alljährliche Feste gefeiert:

    Yul – Mittwinter – Nacht zum 21. Dezember

    Ostara – Frühlings-Tagundnachtgleiche – Nacht zum 21. März

    Litha – Mittsommer – Nacht zum 21. Juni

    Mabon – Herbst Tagundnachtgleiche – Nacht zum 23. September

    Zu den Festen treffen sich Sippen, um gemeinsam zu feiern, Wettkämpfe auszutragen und öffentliche Zeremonien (Blots) durchzuführen. Oft sind die Festivitäten auch mit Things verbunden.

    Die Blots werden von besonders weisen und/oder gelehrten Personen, Goden/Völven, durchgeführt.

    Zentrale Elemente eines Blots sind die Weihung des Platzes mit einem Zweig nach allen vier Himmelsrichtungen hin, das Anrufen der Götter durch lautes Rufen, singen oder Instrumente spielen, das Rezitieren eines Ausschnitte einer Saga oder Legende, der eigentlichen Verhandlung (es wird mit der Gottheit gesprochen und Fragen und Wünsche an sie gerichtet) und dem Opfergeschenk.

    Eine häufige Praktik, die vor allem von alten Frauen praktiziert wird, ist die Vorhersehung der Zukunft; zum Beispiel mit Hilfe von Runensteinen werfen, Vogelbeobachtung oder die Gedärme von Opfertieren lesen.


    Asen, Wanen und Thursen

    Die Thursen sind die Erbfeinde der Asen und damit auch der Menschen. Einst verbündeten sich die Thursen mit den geheimnisvollen Wanen und den niederträchtigen Trollen. Als dieser sogenannte Wanenkrieg nicht enden wollte, schlossen die Asen und Wanen Frieden. Seitdem werden auch einige mächtige Wanen von den Menschen verehrt, allen voran die beiden Geschwister Freyr und Freya, die –so erzählen es jedenfalls die meisten Überlieferungen- freiwillig als Geiseln bei den Asen leben.


    Sippenältester der Asen ist der mächtige Göttervater Odin. Die Asen stehen vor allem für Stärke, Mut, Weisheit und Treue. Die meisten sind äußerst kampflustig. Sie sind die Götter der Menschen und leben in der Welt Asgard. Die Wanen sind die Götter der Schönheit, Kunst, Natur und Fruchtbarkeit. Sie sind die Götter der Alfen und leben in Wanaheim.


    Die Thursen sind die Nachfahren des gewaltigen Urriesen Ymir, aus dessen Leib Midgard geformt wurde. Die meisten Riesen sind tierhaft, boshaft und rachsüchtig auf Asen und Menschen. Doch gibt es Ausnahmen wie die gute Riesin Grid oder den schlauen, zaubernden Riesenkönig Utgardloki. Die Riesen leben in Utgard und sollen verwandt sein mit den Frost- und Feuerriesen, über die kaum etwas bekannt ist.


    Die neun Wohnsitze

    Neben den Sitzen der Asen (Asgard), Wanen (Wanaheim) und Thursen (Utgard) sind an erster Stelle die beiden Urwelten Muspelheim und Niflheim zu nennen.

    Muspelheim liegt irgendwo im tiefsten Süden des Weltalls und ist eine Welt lodernden Feuers und geschmolzenen Erzes. Es heißt, von hier aus wird der Feuerriese Surtr beim Weltuntergang das All in Brand setzen.

    Niflheim liegt im höchsten Norden, von außen in eisigen Nebeln umhüllt und im Innern auf ewig gefroren. Vielleicht findet man dort die Frostriesen vor.

    Eine der verschiedenen Entstehungsgeschichten des Weltenalls besagt, dass ein Funken Muspelheims und ein Tropfen Niflheims sich vereinigten, und so das erste Leben zeugten.

    Zwischen Muspelheim und Niflheim liegt die diesseitige, große Welt Midgard, die über die Regenbogenbrücke Bifröst mit Asgard verbunden ist.

    Doch Midgard ist umgeben von einer riesigen Schlange, sie bedroht jeden, der ihr zu nahe kommt. Es heißt der Gott Thor wird mit ihr eines Tages kämpfen.


    Irgendwo verborgen liegt das magische Reich der Feen und Alfen, unter anderem bekannt unter den Namen Ljusalfheim, das den Wanen unterstellt und ursprüngliche Heimat der auch in Midgard lebenden Alfen sein soll. Kein Mensch kann sich die Wunder dieser Welt, in der die Zeit still stehen soll, vorstellen.

    Tief unter der Erde, fern der Sonne und der Sterne, gibt es noch zwei weitere Reiche: Svartalfheim ist sowohl Wohnsitz der finsteren Svartalfen, wie auch das der Zwerge, welche in ihren hohen Hallen gewaltige Schmiedeessen haben, mit denen sie zahlreiche Wunderwerke und Schätze erschaffen.

    Zuletzt sei noch das Land, in das die Toten einkehren zu nennen. Der Allvater Odin schickte die bleiche Hel, Tochter Lokis, um dort zu herrschen. Seitdem heißt dieser Ort Helheim.

    Verbunden sind diese neun Welten mit der riesigen Esche Yggdrasil, die an dem Urdaborn, dem Quell des Lebens wächst.


    Die Nornen und das Schicksal der Götter

    Das Schicksal eines jeden Wesens wird von den drei Nornen bestimmt, die die Schicksalsfäden spinnen, weben und am Ende zerschneiden. Die erste von ihnen ist Urd, welche in die Vergangenheit schaut, die zweite Werdandi, die nur die Gegenwart sieht, und die letzte Skuld, die die Zukunft vorhersieht und bestimmt. Ihr Sitz ist in der Nähe von Mimirs Brunnen. Als Odin für das Opfern seines Auges ein Schluck aus diesem Brunnen trinken durfte, konnte er einen Blick in die Zukunft erhaschen:

    Der Neiddrache Niddhögr nagt an den Wurzeln von Yggrasil, während ein Hirsch an seinen Zweigen frisst. Wenn Yggrasil stirbt, wird bald der Rest des Weltenalls folgen. Die Sonne und Mond werden von einem oder zwei riesigen Wölfen verschluckt werden, es findet eine riesige Schlacht zwischen den Asen und ihren Verbündeten gegen all ihre Feinde statt und der Feuerriese Surtr wir den Weltenbrand entfachen. Diesen Weltenuntergang, der Ragnarökr heißen wird, werden nur eine Handvoll Wesen überleben ...

    (Es gibt weitere Ereignisse, die mit Ragnarökr zusammenhängen, ihre Nennung und Erklärung würde den Rahmen sprengen)


    Die Einherjer

    In weiser Voraussicht auf das kommende Schicksal schart der Allvater Odin die gefallenen Menschenkrieger um sich. Die Walküren, weibliche Geister, sammeln die Gefallenen und bringen die eine Hälfte zu Odin nach Walhalla, die andere zu Frey und Freya nach Folkwang, um die eigenen Schlachtreihen am Tag des Ragnarökr zu verstärken. Doch bis es soweit ist, ist das Leben dieser Einherjer, wie diese Gefallenen genannt werden, durch Waffenübungen und abendliches Feiern im Beisein ihrer ebenfalls im Kampf getöteten Ahnen bestimmt. Viele Krieger wünschen sich deswegen, in der Schlacht zu fallen, denn sie wollen nicht an Krankheit und Alter den Strohtod sterben, um dann in das kahle Totenreich Hel zu kommen.


    Ob auch tapfere Südländer oder Frauen nach Walhall kommen, bleibt ungeklärt.


    Die wichtigsten Götter

    Odin / Wodan / Woden /Wotan /Langbardr/ Allfod

    Totengott, Weltenerschaffer und Gott der Zauberei und Dichtkunst.

    Er lebt auf drei Höfen in Asgard gleichzeitig. Der bekannteste ist Froheim in dem auch Valhalla ist. Von seinem Thron Hildskalf aus überblickt Odin die gesamte Welt. Um ihn kreisen die Raben Hugin („Gedanke”) und Munin („Erinnerung”). Odin besaß zwei Brüder Wili und We, mit denen er sich später vereinigte. Sein Vater war Borr, der erste Gebärende und seine Großeltern Buri, der erste Geborene und die Riesin Bestla.


    Frigg

    Einer der vielen Gattinnen Odins. Sie ist die Göttin der Zauberei und Prophezeiung. Sie wob den Sternenhimmel.


    Thor / Donar /Wingthor /Asathor

    Ein besonders starker, aber doch herzlicher Gott, der am liebsten Met trinkt und Riesen erschlägt. Wann immer er sie mit seinem Hammer Mjölnir erschlägt, donnert er.

    Welche Attribute für ihn stehen ist von Ort zu Ort verschieden. Er ist wegen seiner Menschenfreundlichkeit und Stärke sehr beliebt. Mit Sif, der Göttin des Herdfeuers zeugte er Modi und Magni (Mut und Stärke). Er wird durch die giftigen Dämpfe der Midgardschlange sterben, nachdem er ihren Kopf zerschlug. Seine Eltern waren Odin und die Riesin Jörd.


    Frey und Freya

    Die Wanengeschwister, Götter der Liebe und Fruchtbarkeit. Sie gelten als sehr gutmütig und sind bei den Menschen besonders beliebt. Ihre Eltern sind die Wanenherrscher Nerthus und Njord, die über das Wasser und die Luft herrschen.


    Tyr / Asatyr / Tiu / Ziu

    Der mächtige Kriegsgott, dessen Schwerthand vom Fenriswolf abgebissen wurde. Er liebt die Menschenopfer und den Mannesmut.


    Baldur oder Balder

    Ein Lichtgott der für Reinheit, Wahrheit und Schönheit steht. Mit der Göttin der Reinheit Nanna zeugte er Forseti, einen Fischergott, der wegen seiner Gesetzeskenntnissen Vorsteher beim Thing der Asen war. Durch Lokis List wird er von seinem blinden Bruder Hödur getötet. Er wird zusammen mit Hödur nach Ragnarökr wiederauferstehen. Sie werden wieder geeint sein.


    Loki

    Gott des Schmiedefeuers, der Täuschung und der List. Sohn des Riesen Farbauti der Laufey mit einem Blitz vergewaltigte und so Loki erschuf. Wurde von den Asen adoptiert.

    Der eigensinnige Loki hat schon so manche nützliche Tat für die Asen vollbracht.

    Er zeugte jedoch viele merkwürdige, zum Teil furchtbare Bestien wie die Midgardschlange und ist verantwortlich für den Tod Balders.


    Ull(e)r

    Der richtige Vater ist nicht bekannt. Uller ist ein sehr mächtiger Wintergott, der sowohl für Zweikampf, Recht und Ackerbau steht. In einigen wenigen Gegenden mag er wohl als Hauptgott verehrt sein.


    Hel

    Herrscherin über das Totenreich. Tochter Lokis.


    Audhumbla

    Die Milchreiche. Das erste Lebewesen in Gestalt einer Kuh, aus ihrem Euter flossen die Urströme. Sie ist eine Art Mutter Erde

    (Man vergleiche die Ähnlichkeiten zur indischen Mythologie)


    Ymir

    Der Urriese aus dessen Leib unsere Welt, Midgard, erschaffen wurde.

    Er ernährte sich von Audhumblas Milch. Ymir verfügte über keinerlei Feinsinn oder Intelligenz.

    Als seine Füße sich paarten, zeugte er viele Nachkommen; die ersten Lebewesen waren also Riesen. (Man beachte die Ähnlichkeiten mit der griechischen Mythologie)


    Es gibt noch viele weitere Götter, die alle aufzuzählen aber den Rahmen sprengen würde.